Kann man
Bindungsangst überwinden? Und was genau bezeichnet man eigentlich als Bindungsangst? Ist man automatisch
beziehungsunfähig, wenn man von Bindungsangst betroffen ist? Diese und noch weitere Fragen klären wir für dich im Folgenden.
Dieser Artikel hat folgenden Inhalt:
„Ich bin noch nicht bereit für was Festes.“ oder „Ich brauche noch etwas mehr Zeit.“
Wer diese Sätze schon einmal gehört oder gesagt hat, hatte wahrscheinlich mit einem bindungsängstlichen Menschen zutun oder ist selbst von Bindungsangst betroffen.
Bindungsangst ist die Angst von Männern und Frauen, sich fest in einer Beziehung an einen Partner zu binden. Genauer gesagt: Ein Mensch gilt dann als
bindungsängstlich, wenn er Probleme damit hat, eine ernsthafte
Partnerschaft zu führen. Jedoch wünschen sich die meisten Menschen mit Bindungsangst sehr wohl eine feste, stabile
Beziehung, können sich aber aus diversen Gründen nicht auf diese einlassen. Doch woher kommt diese Angst vor der Nähe? Wir haben im Folgenden mögliche Antworten gesammelt.
Warum haben Menschen Angst vor Beziehungen?
Bindungsängste können bei jedem durch unterschiedliche Gründe hervorgerufen werden. Oft liegt die Ursache bereits in der frühen Kindheit, wenn du beispielsweise nie gelernt hast richtig zu lieben oder Zuneigung anzunehmen. Auch Männer oder Frauen, die in den
frühen Kindheitsjahren von ihren Eltern misshandelt oder stark vernachlässigt wurden, haben im Erwachsenenalter oft Probleme eine Beziehung einzugehen. Aber auch
frühere Beziehungen prägen unser Verhalten nachhaltig. Wenn du also schon einmal negative Erfahrungen mit einem ehemaligen Partner gemacht hast oder deinen Trennungsschmerz nur schwer überwunden hast, kann dies dazu führen, dass du dich in Zukunft gar nicht erst wieder in eine solche feste Beziehung begeben willst, um dich selbst zu schützen. Da die Gründe für eine Beziehungsangst bei jedem anders ausfallen können, ist auch das Überwinden der Ängste ein sehr individueller Prozess. Erst wenn die Ursache der
Bindungsstörung geklärt ist, kann sie bekämpft werden.
Wie äußert sich die Angst vor Beziehungen? Die Angst vor zu viel Nähe, kann sich in den verschiedensten Facetten zeigen. Wenn du wissen willst, ob du oder dein Partner an
Bindungsangst leidet, helfen dir die folgenden Anzeichen. Je mehr du dich oder dein Partner in diesen Verhaltensmustern wiedererkennst, umso wahrscheinlicher ist eine Bindungsstörung.
► Sich alle Türen offen halten
Du hast eigentlich allen Grund glücklich zu sein, denn deine neue Bekanntschaft ist toll. Dennoch findest du immer ein „aber“, weil du Angst hast, etwas zu verpassen. Besonders in Zeiten von Online Dating ist es so leicht wie noch nie neue Kontakte zu knüpfen. Denn hinter dem nächsten Profil könnte ein noch besserer Partner auf dich warten. Daher nimmst du Kleinigkeiten als Vorwand, um dich nicht endgültig nur auf eine Person einzulassen. Doch wer sich nicht auf eine feste Beziehung einlassen kann und von einer Liebschaft in die nächste flüchtet, sobald es zu ernst wird, der ist ziemlich sicher von
Bindungsangst betroffen.
► Die eigene Unabhängigkeit in den Vordergrund stellen
Sobald einem Menschen die eigene Unabhängigkeit im Leben das Wichtigste ist und sie an vorderster Stelle steht, ist dies ein sehr eindeutiges Zeichen für die Unfähigkeit sich zu binden. Besonders unter Männer ist dieses Phänomen sehr verbreitet, aber auch Frauen hängen teilweise zu sehr an ihrer
Unabhängigkeit. Wenn dir beispielsweise der Gedanke an einen gemeinsamen Urlaub oder die Vorstellung deinen Partner fast täglich zu sehen Angst bereitet, kannst du dir sicher sein, dass du noch nicht bereit bist diese Art von Verpflichtung einzugehen.
► Du bist kein fester Bestandteil seines/ihres Lebens
Dein Freund oder deine Freundin macht zwar immer Andeutungen, dich seinen/ihren Eltern oder Freunden vorzustellen, doch dann kommt plötzlich wieder etwas dazwischen? Wenn dein Partner dich aus seinem Privatleben fernhält, zeigt das, dass er oder sie es aus
Angst vor zu viel Nähe vermeidet, dich zu sehr in sein/ihr Leben zu lassen.
►Flucht vor der Beziehung
Du machst freiwillig Überstunden auf der Arbeit? Du verbringst jedes freie Wochenende mit deinem Hobby oder triffst ständig verschiedene Männer bzw. Frauen? Dann kann dies ebenfalls ein Zeichen von Beziehungsangst sein. Denn so schaffst du dir selbst die Ausrede keine Zeit für eine ernste Liebesbeziehung bzw. einen Partner zu haben. Dabei ist der wahre Grund für diese Flucht vielleicht eher, dass du Angst hast, dich zu binden, da du dich von einer festen Liebesbeziehung eingeengt fühlen würdest.
► Sich (emotional) unerreichbare Partner aussuchen
Aus Angst vor zu viel Nähe, verlieben sich Bindungsphobiker oft unbewusst in unerreichbare Menschen. Diese sind deshalb unerreichbar, weil sie entweder bereits vergeben sind oder aber sie wohnen zu weit weg oder verbringen sehr viel Zeit in ihrem Job. So hat man direkt eine Ausrede keine zu feste Beziehung einzugehen.
► Unzuverlässigkeit
Dein Partner oder deine Partnerin plant mit dir nie weiter als bis zum nächsten Wochenende und selbst dann kommt häufig etwas dazwischen und er oder sie sagt die Pläne ab? Viele Menschen, die bindungsunfähig sind, weisen unzuverlässige oder unverbindliche Verhaltensmuster auf.
Kann eine ganze
Generation beziehungsunfähig sein, wie es uns Autor Michael Nast unter anderem in seinem Buch predigte? Wer sich selbst oder anderen den Stempel „bindungsunfähig“ gibt, meint damit meist, dass diese Person Schwierigkeiten hat, eine feste Beziehung überhaupt einzugehen. Oft steckt dahinter, dass diese Menschen sehr mit sich selbst beschäftigt sind und eine Beziehung meist schon in der Anfangsphase sabotieren, um sich nicht zu sehr einengen zu lassen. Für sie bedeuten Beziehungen in erster Linie ihre Unabhängigkeit aufzugeben und viel Verantwortung zu übernehmen, wofür sie nicht bereit sind. Doch nicht jeder, der bindungsängstlich ist, ist unfähig eine Beziehung zu führen.
Dennoch kann eine sehr starke Bindungsangst auch zur
Beziehungsunfähigkeit führen. Wer sehr viele der oben genannten Anzeichen von Bindungsangst aufweist, ist mit großer Wahrscheinlichkeit auch Unfähig eine feste Beziehung zu führen. Bindungsängstlichkeit und Bindungsunfähigkeit liegen also sehr nah beieinander. Doch viele, die beziehungsunfähig sind, nutzen diese Bezeichnung auch als Ausrede, um ihren aktuellen Lebensstil nicht an einen Partner anpassen zu müssen und diese Verpflichtung einzugehen. Menschen, die als bindungsängstlich gelten, wünschen sich hingegen oft sehnlichst eine Partnerschaft, haben jedoch einfach zu große Verlustängste.
Die gute Nachricht ist, dass sich Bindungsangst überwinden lässt. Sobald du dir deiner Angst vor
Beziehungen bewusst bist und am besten auch noch deren Ursache kennst, kannst du deinem Dasein als Beziehungsphobiker den Kampf ansagen.
Bindungsangst überwinden – wie schaffe ich das?
Die folgenden Tipps helfen dir deine Bindungsangst überwinden zu können.
Stelle dich deiner Angst
Du musst deine Bindungsangst überwinden wollen, denn kein anderer Mensch kann dich dazu bringen deine Ängste beiseite zu legen. Mache dir bewusst, dass deine Angst vor Nähe einen (oder mehrere) Grund hat, dem du nachgehen solltest. Zudem ist die direkte
Konfrontation manchmal auch ein guter Weg, seine Ängste zu besiegen. Ein gewisses Risiko verletzt zu werden besteht immer, doch dieses Risiko ist es oft wert eingegangen zu werden.
Untersuche dein bisheriges Verhalten
Wenn du dir deine bisherigen Verhaltensmuster in Beziehungen anschaust, was fällt dir auf? Flüchtest du bereits bevor es zu ernst wird? Oder gehst du zwar
Partnerschaften ein, meidest dann aber zu viel Nähe? So weißt du genau, aus welchen Verhaltensweisen du lernen kannst bzw. woran du letztendlich arbeiten musst. Beispielsweise müssen viele Beziehungsphobiker erst wieder lernen, dem anderen zu vertrauen.
Steigere dein Selbstwertgefühl
Viele Bindungsphobiker leiden zudem unter einem sehr geringen Selbstvertrauen. Fürchtest du Ablehnung oder nicht gut genug für den anderen zu sein? Dann lerne dich zu akzeptieren, so wie du bist, statt dich für andere ständig optimieren zu wollen. Erkenne deine Stärken und hebe diese hervor, statt nur deine Schwächen zu sehen. Deinen eigenen Selbstwert zu erkennen und dich in Selbstliebe zu übern ist der erste Schritt im Kampf gegen die Bindungsangst.
Überstürze nichts
Akzeptiere, dass du im Gegensatz zu anderen deine Schwierigkeiten hast, Nähe zuzulassen. Dieser Zustand wird sich auch nicht von heute auf morgen ändern. Viel eher solltest du kleine Schritte machen, um Erfolge zu erzielen. Plane beispielsweise ein gemeinsames Wochenende mit deinem Partner (ohne es wieder abzusagen) und mach dir klar, dass du seine/ihre Nähe und Liebe auch verdient hast.
Hole dir Hilfe
Wenn du das Gefühl hast, deine
Bindungsangst alleine nicht überwinden zu können, gib nicht auf! Viele Menschen leiden unter ähnlichen Symptomen wie du, es ist also nichts wofür man sich schämen muss. Im Gegenteil: Sprich mit Freunden oder Familienmitgliedern über deine Ängste und Befürchtungen, vielleicht haben sie mit ähnlichen Problemen zu kämpfen und können dir Tipps geben. Aber auch der Gang zur Therapie kann für viele der entscheidende Schritt sein, um die Bindungsangst zu überwinden.
Wenn du die Hürde „
Bindungsangst überwinden“ erst mal hinter dir hast und dich einer Beziehung nun dauerhaft hingeben kannst, dann bist du da angekommen, wo du es verdient hast du sein: In der
Liebe, ohne Angst davor zu haben, sich zu stark zu binden. Ab diesem Zeitpunkt kannst du dich vollkommen in deiner Beziehung fallen lassen und du wirst sehen, dass sich der Weg dorthin lohnt.
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